Die Geschichte von Herrn Sommer (Patrick Süskind)

3.9
(31)

Die Geschichte von Herrn Sommer ist eine Novelle von Patrick Süskind, dem Autor des deutlich bekannteren Romans Das Parfum. Das Titelbild und einige Illustrationen stammen von Jean-Jacques Sempé, dem Zeichner von Der kleine Nicolas.

Inhaltliche Zusammenfassung Die Geschichte von Herrn Sommer

Der namenlose Ich-Erzähler, der in der Mitte seines Lebens steht, erzählt eine Geschichte aus der Zeit seiner Kindheit. Er möchte die Geschichte von Herrn Sommer erzählen, der bei ihm im Dorf wohnte, schweift dabei aber immer wieder ab.

Herr Sommer gilt als der Wunderling im Dorf Unternsee. Nachdem er mit seiner Frau in eine Wohnung im Haus des Malermeisters gezogen ist, gibt es eigentlich nichts weiter zu erzählen. Die beiden leben für sich, haben keine Kinder und offensichtlich auch keine Freunde. Sie kommen auch mit den Bewohner*innen des Dorfs nicht in Kontakt.

[quads id=1]

Trotzdem kennt man Herrn Sommer im Dorf, denn er geht dort jeden Tag von morgens bis abends spazieren. Dabei legt er eine Dringlichkeit an den Tag, als hätte er wichtige Dinge zu erledigen. In Wahrheit aber streift er ziellos umher, während sich seine Frau um alles Notwendige kümmert.

Auch der Ich-Erzähler sucht zur selben Zeit nach einer Bestimmung und streift – zumindest gedanklich – ziellos umher. In der Klasse ist er genauso wenig integriert wie Herr Sommer in Unternsee, weil er im falschen Teil des Dorfs wohnt. Dennoch versucht er, seinen Weg im Leben zu finden.

Die Leiden des Erzählers steigern sich so sehr, dass er aufgrund einer Auseinandersetzung mit seiner Klavierlehrerin Selbstmord begehen will. Indirekt rettet Herr Sommer ihm das Leben, indem er sich unter den Baum setzt, von dem der Erzähler springen will.

Einige Jahre nach diesem Vorfall stirbt Frau Sommer. Herr Sommer zieht in eine kleinere Wohnung und streift noch mehr herum. Eines Tages beobachtet ihn der Erzähler, wie er in den See geht, bis er ertrinkt, und sich nicht dagegen wehrt. Im Dorf fällt erst nach zwei Wochen auf, dass Herr Sommer verschwunden ist. Der Erzähler schweigt über dessen Selbstmord, und so gerät der Mann bald wieder in Vergessenheit.

Die wichtigsten Figuren in Die Geschichte von Herrn Sommer

Erzähler

Der Ich-Erzähler ist mittlerweile fast 50 und erzählt eine Geschichte aus seiner Kindheit und Jugend. Er sagt, dass er über Herrn Sommer erzählt, gibt aber in Wahrheit viel über sich selbst und sein Aufwachsen preis. Der Erzähler hat Probleme, die viele Jugendliche haben. Er fühlt sich als Außenseiter und ist es teilweise auch, kommt weder mit Gleichaltrigen noch mit Erwachsenen wirklich gut zurecht.

[quads id=2]

In der Erinnerung überzeichnet er sicher viele Einzelheiten. Er gibt auch selbst zu, dass er sich nicht mehr an alles erinnert und sich nicht mehr richtig konzentrieren kann. Daher ist davon auszugehen, dass nicht alles, was er erzählt, der Wahrheit entspricht.

Herr Sommer

Herr und Frau Sommer sprechen im Dorf mit niemandem, sodass nur wenig über sie herauszufinden ist. Offensichtlich sind sie jedoch gemeinsam an einen Ort gezogen, wo sie niemanden kennen. Wahrscheinlich gibt es etwas, das sie hinter sich lassen wollten.

Darauf lässt auch Herrn Sommers Verhalten schließen. Er braucht viele Stunden am Tag allein, um sich mit sich selbst und seinen Gedanken auseinanderzusetzen. Und doch kommt er nie zu einem Ergebnis und nie zur Ruhe.

Nachdem seine Frau stirbt, wird seine Unruhe noch größer. Schließlich nimmt er sich selbst das Leben, da seine einzige Verbindung zu dieser Welt abgebrochen ist.

Themen und Aussagen

Unzuverlässiges Erzählen

Der Ich-Erzähler ist ein sogenannter unzuverlässiger Erzähler. Diese Technik wird gerne von Schriftsteller*innen eingesetzt, um eine Geschichte aus einer subjektiven Perspektive zu erzählen, während man beim Lesen merkt bzw. merken kann, dass dahinter noch anderes steckt.

Typische unzuverlässige Erzähler*innen sind Kinder, Menschen, die sich nicht mehr erinnern oder die ihr Verhalten in der Vergangenheit beschönigen wollen.

Auf den Ich-Erzähler in dieser Novelle treffen alle drei Dinge zu. Zum Zeitpunkt der Geschichte, die er erzählt, ist er selbst noch ein Kind. Er hat damals schon Konzentrationsschwierigkeiten und bemerkt diese auch heute noch. Er schafft es kaum, seine kurze Geschichte konzentriert zu Ende zu erzählen, weil er immer wieder abschweift und sich in seiner Erzählung verhaspelt.

Außerdem hat er in seinen Augen eine Schuld auf sich geladen. Während Herr Sommer ihn vermeintlich vom Selbstmord abgehalten hat, ist er selbst nicht eingeschritten, als er in den See gegangen ist. Auch diese beiden Punkte sind von der persönlichen Erinnerung und Interpretation des Erzählers geprägt.

Erwachsenwerden und Sinn-Suche

Der Erzähler berichtet nicht nur über Herrn Sommer, sondern vor allem von seinen Schwierigkeiten in seinem sozialen Umfeld. Die Rastlosigkeit und vermeintliche Suche von Herrn Sommer werden damit zur Metapher seiner eigenen Suche. Nirgends findet der Erzähler einen Anker im Leben, überall scheint er ein Außenseiter zu sein. Genauso sieht er Herrn Sommer, der für sich allein durch das Dorf zieht und niemanden an sich heranlässt. Während Herr Sommer die Einsamkeit jedoch freiwillig gewählt hat, wünscht sich der Ich-Erzähler, zu einer Gruppe von Menschen zu gehören.

[quads id=3]

Weitere Infos zur Novelle

Die Geschichte von Herrn Sommer erschien 1991. Patrick Süskind arbeitete dafür mit Jean-Jacques Sempé zusammen, dessen Bücher er auch ins Deutsche übersetzt.

Über den Autor

Patrick Süskind wurde im März 1949 geboren und lebt weitestgehend zurückgezogen. Er gibt nicht viel über sein Privatleben preis. Seine bekanntesten Werke sind Der Kontrabaß und Das Parfum.

Auf unserer Autorenseite zu Patrick Süskind findest du noch mehr Infos zu diesem Schriftsteller.

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 3.9 / 5. Anzahl Bewertungen: 31

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Teile diesen Beitrag!