Die fünf Axiome der Kommunikation nach Paul Watzlawick

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Wenn du dich mit Kommunikation und Kommunikationswissenschaften beschäftigst, wirst du sehr schnell auf den Namen Paul Watzlawick stoßen. Dieser hat unser Wissen über menschliche Kommunikation stark geprägt, nicht zuletzt durch die fünf Axiome der Kommunikation, die er aufgestellt hat. Diese gelten in jeder Situation, in der Menschen miteinander kommunizieren, und sie öffnen dir vielleicht die Augen darüber, wie schwierig solche Situationen sein können – und warum.

Wer war Paul Watzlawick?

Paul Watzlawick war ein Philosoph, Psychologe und Kommunikationswissenschaftler. Er wurde 1921 in Kärnten in Österreich geboren, lebte und arbeitete aber den größten Teil seines Lebens in den USA, wo er 2007 starb. Er arbeitete dort unter anderem als Psychotherapeut.

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In der Arbeit mit seinen Patient:innen erkannte Watzlawick, dass Kommunikation für Menschen gleichzeitig sehr wichtig und sehr schwierig ist: Wir alle sind davon abhängig, dass wir gut miteinander kommunizieren. Worte können unser Leben verändern – und tun es ständig. Und doch fehlen uns oft die richtigen Begriffe, um sinnvoll über die Kommunikation selbst zu sprechen. Was passiert, wenn wir kommunizieren? Warum ist es so leicht, sich misszuverstehen?

Diesen Aspekten widmete Paul Watzlawick seine Forschung. Das Ergebnis seiner Tätigkeit waren unter anderem die fünf Axiome der Kommunikation. Diese wirken auf den ersten Blick überraschend. Und gerade deshalb verraten sie so viel über das Wesen der Kommunikation.

Die fünf Axiome der Kommunikation

Axiom 1: Man kann nicht nicht kommunizieren.

Zunächst einmal eine kurze Erläuterung, um Missverständnisse zu vermeiden. Im ersten Axiom steht zweimal das Wort nicht, und genau so soll es auch sein. Anders formuliert besagt es nämlich, dass jede:r von uns immer kommuniziert, sobald eine Person in Reichweite ist.

Vielleicht denkst du jetzt: “Das ist doch Quatsch. Ich kann jederzeit entscheiden, ob ich kommuniziere oder nicht.” Und genau das ist der Irrtum. Denn Kommunikation bedeutet nicht, dass du dich an jemanden wendest, mit einem anderen Menschen sprichst oder ihn durch Zeigen auf etwas hinweist. Kommunikation bedeutet, dass du Informationen aussendest, die ein anderer Mensch aufnimmt.

Wenn du also mit deiner Grundschullehrerin allein im Wartezimmer beim Arzt sitzt und so tust, als würdest du sie nicht sehen, damit du nicht mit ihr sprechen musst, kommunizierst du trotzdem mit ihr. Sie kann dich ja sehen und interpretiert dein Verhalten. Entweder erkennt sie, dass du nicht mit ihr reden willst, oder sie denkt, dass du sehr versunken in deine Gedanken bist. In jedem Fall bist du es, die diese Informationen sendet. Und deine Lehrerin empfängt sie. Ihr nehmt also beide an der Kommunikation teil.

Schon dieses erste Axiom erweitert den Begriff der Kommunikation im Vergleich zum Alltagsverständnis. Versuche doch einfach mal, bewusst nicht zu kommunizieren. Geht das? Oder sendest du vielleicht doch Informationen aus, auch wenn du gar nicht mit anderen sprichst?

Im Original ist das Axiom übrigens ein wenig länger, es lautet:

Man kann nicht nicht kommunizieren, denn jede Kommunikation (nicht nur mit Worten) ist Verhalten, und genauso, wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann man nicht nicht kommunizieren.

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Axiom 2: Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, wobei letzterer den ersteren bestimmt.

Jetzt gibt es also auch noch unterschiedliche Aspekte von Kommunikation, die wir berücksichtigen müssen. Watzlawick unterscheidet einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt. Das bedeutet, dass du mit jeder Kommunikation zwei Aussagen triffst:

  • eine inhaltliche Aussage und
  • eine Aussage über die Beziehung zwischen dir und dem Menschen, mit dem du kommunizierst.

Schauen wir uns das mal in einem Beispiel an. Du findest dein Handy nicht. Du vermutest, dass deine kleine Schwester damit gespielt hat. Also gehst du zu ihr ins Zimmer und rufst: “Gib mir sofort mein Handy wieder!”

Die inhaltliche Aussage ist hier ganz einfach zu finden: Du willst dein Telefon zurückbekommen, und zwar von deiner Schwester. Das bedeutet, dass du inhaltlich sogar noch mehr kommunizierst. Du sagst nämlich, dass du glaubst, dass sie es hat. Sonst wäre es ja sinnlos, in ihr Zimmer zu rufen.

Die Beziehungsebene kann man ebenfalls an der Aussage erkennen. Du erteilst deiner Schwester einen Befehl, und das nicht besonders freundlich. Es ist also klar, wie die Beziehung aussieht. Sie als deine kleine Schwester hat gefälligst zu tun, was du sagst, vor allem, wenn sie dir schon deine Sachen weggenommen hat.

Die Beziehungsebene kannst du immer leicht erkennen, indem du überlegst, ob die Aussage sich anders anhören würde, wenn sie an eine andere Person gerichtet wäre. Stell dir vor, du glaubst, dein Lehrer hätte das Handy. Dann würdest du wahrscheinlich anders fragen.

Genau das meint Paul Watzlawick übrigens, wenn er sagt, dass letzterer (der Beziehungsaspekt) ersteren (den Inhaltsaspekt) bestimmt. Das heißt nämlich, dass sich die inhaltliche Aussage unterscheidet, je nachdem, welcher Beziehungsaspekt in der Kommunikation vorliegt. Oder einfacher ausgedrückt: Die Beziehung, die du zu anderen Menschen hast, bestimmt nicht nur, wie du mit ihnen sprichst, sondern auch, worüber.

Übrigens hat Friedemann Schulz von Thun, ein anderer bekannter Kommunikationswissenschaftler, noch zwei weitere Aspekte (er nennt sie Seiten) neben Beziehungs- und Inhaltsaspekt in jeder Kommunikation erkannt. Darauf basiert sein 4-Seiten-Modell der Kommunikation, über das du hier mehr lesen kannst.

 

Axiom 3: Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt.

Dieses Axiom hört sich zunächst ziemlich kompliziert an. Es besagt jedoch einfach, dass unsere Beziehungen durch unsere Kommunikation geprägt werden. Es schließt sich damit an das zweite der fünf Axiome an. Dort hieß es ja, dass unsere Beziehungen unsere Kommunikation prägen. Und dasselbe gilt eben auch umgekehrt.

Nehmen wir noch einmal das Beispiel von vorhin. Deine Schwester hatte dein Telefon vielleicht gar nicht. Jetzt ist sie wütend, weil du sie zu Unrecht beschuldigt hast. Vielleicht weiß sie sogar, wo das Handy ist, aber sie sagt es dir nun nicht. Wenn du das später herausfindest, bist du auch wieder sauer, und eure Beziehung verschlechtert sich.

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Wenn du sie stattdessen fragst, ob sie dir bei der Suche helfen kann, ist die Kommunikation eine ganz andere: Du behandelst sie respektvoll, und eure Beziehung verbessert sich dadurch.

Eine wichtige Ursache für Missverständnisse liegt übrigens darin, dass wir alle automatisch Wissenslücken in der Kommunikation eigenständig schließen. Wir glauben zu wissen, was jemand meint, oder wir denken, dass alle anderen schon dieselben Informationen haben wie wir und deswegen verstehen werden, was wir ausdrücken wollen. Das ist aber fast nie der Fall. Mehr kommunizieren heißt in dem Fall dann auch, besser verstanden zu werden. Und – nach dem dritten der fünf Axiome – bessere Beziehungen zu den Mitmenschen aufzubauen.

Axiom 4: Kommunikation verläuft immer sowohl analog als auch digital.

Watzlawick hat seine fünf Axiome im letzten Jahrhundert aufgestellt. Er hat die Begriffe analog und digital daher anders verwendet, als wir das heute tun. Digitale Kommunikation verweist immer indirekt auf Inhalte, analoge zeigt direkt den zugehörigen Kontext. Er benutzt sie also fast als Synonyme für verbale (digitale) und nonverbale (analoge) Kommunikation. Und er sagt: Egal in welcher Kommunikationssituation wir uns befinden, wir bedienen immer beide Arten der Kommunikation.

Wir werden das gleich an einem Beispiel nachvollziehen, aber zunächst einmal soll hier auf den Zusammenhang zum zweiten Axiom hingewiesen werden. Die verbale Kommunikation wird eher für den Inhaltssaspekt, und die nonverbale eher für den Beziehungsaspekt verwendet, wobei erst beide zusammen die gesamte Information übermitteln.

Stell dir vor, jemand sagt zu dir: “Schön, dich zu sehen.” Du verstehst inhaltlich sofort, was gemeint ist. Vielleicht habt ihr euch schon länger nicht gesehen und die Person freut sich, dich nun zu sehen. Der Satz selbst jedoch ist digital bzw. verbal, das heißt, er reicht noch nicht aus, um sämtliche Informationen zu haben. Wenn der Mensch, der dich da begrüßt, lächelt oder dich umarmt, scheint deine Interpretation zu stimmen.

Die Person könnte jedoch auch mit versteinerte Miene und in ganz kühlem Ton sagen: “Schön, dich zu sehen.” In diesem Fall wirst du vielleicht vermuten, dass der Satz ironisch oder sogar als Vorwurf gemeint ist (weil du dich lange nicht hast blicken lassen).

Hier zeigt sich auch schon die Vielfalt der nonverbalen Kommunikation. Du kannst deine Gefühle durch Mimik und Gestik zeigen, du kannst deine Stimme verändern oder auch deine Körperhaltung (zum Beispiel einen Schritt zurückgehen).

Und hier zeigt sich auch, wo digital nicht gleich verbal ist. Wenn du nämlich auf einen Gegenstand zeigst, benutzt du dafür keine Wörter, du kommunizierst also nonverbal. Aber du verweist auf etwas Konkretes mit deiner Kommunikation, auf den Tisch, den Stuhl oder das Fenster, auf das du zeigst – und das ist digital.

Axiom 5: Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär.

Auch das letzte der fünf Axiome von Paul Watzlawick beschäftigt sich mit der Beziehung der Kommunikationspartner:innen. Denn diese können sich entweder auf Augenhöhe begegnen – wenn du mit deinen Freund:innen sprichst – oder in einer Rangfolge zueinander stehen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn du in der Schule mit deiner Lehrerin sprichst. Hier ist klar, dass die Lehrerin am Ende mehr Macht über dich hat als du über sie – und das beeinflusst eure Kommunikation.

Wenn Menschen in der Kommunikationssituation auf derselben hierarchischen Ebene stehen, spricht man von symmetrischer Kommunikation. Jeder Satz könnte von allen Teilnehmenden ausgesprochen werden, ohne dass es in der Wahrnehmung einen Unterschied machen sollte.

Sprechen Menschen miteinander, die hierarchisch nicht auf einer Ebene stehen (teilweise auch nur in der jeweiligen Kommunikationssituation), so spricht man von komplementärer Kommunikation. Der Begriff komplementär bedeutet, dass sich das Verhalten der beiden Teilnehmenden ergänzt (→ komplett). In einer komplementären Kommunikation spielt die Beziehungsebene immer eine besonders große Rolle, und die ungleiche Beziehung wird durch die Kommunikation normalerweise sogar noch gefestigt.

Konnten wir dir mit unserem Überblick über die fünf Axiome von Paul Watzlawick helfen? Falls ja, lass uns doch einen Kommentar da! Wir freuen uns über jede Form der Kommunikation mit dir!

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