Selbstständig zuhause lernen – so funktioniert’s

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Warum lernt mein Kind denn nicht von sich aus? Wieso muss ich meinen Sohn zum Lernen zwingen? Warum ist meine Tochter mit dem Schulstoff so überfordert? Diese Fragen können sich Eltern schnell stellen, wenn es mit dem selbstständigen Lernen ihrer Sprösslinge noch nicht gut klappt. Dieser Artikel soll aufklären, welche Voraussetzungen Kinder brauchen, um alleine lernen zu können, und wie du dein Kind dazu bekommst, dass es sich eigenständig an den Schreibtisch setzt, um den Schulstoff zu vertiefen.

Was ist selbstständiges Lernen?

Alleine lernen umfasst im besten Fall die Planung, Durchführung und Reflexion von Lernprozessen. Dabei werden alle Schritte von den Lernenden selbst übernommen – ein hohes Ziel.

Dass dies gerade für jüngere Schüler*innen eine große Herausforderung darstellt, muss nicht betont werden. Deshalb gibt es ja Lehrkräfte, die den Unterrichtsstoff einteilen und den Lernfortschritt mittels Proben und Abfragen überprüfen.

Dennoch ist eigenständiges Lernen ein absolut bedeutsames Ziel in der Schullaufbahn eines Kindes und als übergreifendes Lernziel im Lehrplan aller Schularten verankert.

Warum ist das aber so?

Selbstständiges Lernen befähigt Kinder und Jugendliche dazu, sich Inhalte nach eigenem Interesse anzueignen und sich selbstständig weiterzubilden. Die Fähigkeit zum selbstständigen Lernen – oder auch autonomes Lernen genannt – ist Grundvoraussetzung für den Beginn eines Studiums oder für die Aufnahme einer Ausbildung.

Menschen, die sich selbst fortbilden können, profitieren von großen Vorteilen im Alltag, haben bessere Karriereaussichten und zeigen oft auch eine bessere Allgemeinorganisation in anderen Bereichen. Alleine lernen zu können bietet also Vorteile weit über das Schulleben hinaus.

Aus diesem Grund wirst du dich wahrscheinlich auch fragen, wie du dein Kind motivieren kannst, dass es eigenständig lernt. Gerade in Krisensituationen, in denen es zu Schulschließungen kommt, wird diese Fähigkeit früher als oft erhofft auf die Probe gestellt.

Welche Voraussetzungen braucht mein Kind, um alleine lernen zu können?

Natürlich kann man nicht erwarten, dass sich ein*e Erstklässler*in nach der Schule selbstständig hinsetzt und seine bzw. ihre Hausaufgaben erledigt und den Schulstoff nachbereitet. Und auch in der weiterführenden Schule bis zur 10. Klasse findet man immer noch verzweifelte Eltern, die sich fragen, warum ihr Kind nicht selbstständig lernt. Welche Voraussetzungen braucht ein*e Schüler*in also, damit er oder sie sich von sich aus an den Schreibtisch setzt und sein Lernen plant und überwacht?

Wichtig für diesen Prozess ist die sogenannte Metakognition. Metakognition ist das Nachdenken über das eigene Denken. Diese Fähigkeit entwickelt sich im Laufe der kindlichen Entwicklung. Eine genaue Zeitvorgabe wird dabei nicht eingehalten.

Früher war man der Meinung, dass Kinder erst im Jugendalter die Möglichkeit zur Metakognition entwickeln. Neuere Studien zeigen aber, dass bereits Kindergartenkinder fähig sein können, ihr eigenes Denken zu reflektieren.

Dies ist natürlich nur in begrenztem Rahmen möglich. So kann mit den Kleinen geübt werden, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren und beispielsweise zu bewerten, ob sie eine Aufgabe gut, mittel oder eher nicht so gut erledigt haben oder, ob diese ihnen leicht fiel oder sie Schwierigkeiten bei der Bewältigung dieser Aufgabe hatten. Je früher also diese Fähigkeit zur Metakognition gefördert wird, umso früher beginnen Kinder und Jugendliche auch, selbstständig ihre Lernprozesse zu planen, zu überwachen und zu reflektieren.

Als Alter, in dem die meisten Kinder eine relativ gut ausgebaute Metakognition besitzen, gelten zwölf Jahre. Da dieses Alter aber genau in der Pubertät liegt, kann es große Schwankungen zwischen einzelnen Kindern geben. Gerade Jungen brauchen oft etwas länger, bis sie diesen Entwicklungsschritt gehen können. Auf dem Weg dahin können Eltern ihre Kinder aber begleiten und fördern.

Wie motiviere ich mein Kind, eigenständig zu lernen?

Motivation ist die Grundvoraussetzung dafür, dass sich dein Kind bereitwillig mit dem Lernstoff auseinander setzt. Dafür solltest du dir überlegen, was deinen Sohn oder deine Tochter antreiben könnte, eigenständig zu lernen.

Für viele Kinder ist es toll, selbst für ihren Erfolg verantwortlich zu sein und nicht mehr von den Eltern kontrolliert zu werden. Andere haben vielleicht Ziele, die sie erreichen wollen, wofür sie bestimmten Lernstoff brauchen.

Eine reine Motivation durch Belohnungen sollte vermieden werden. So erreicht man nicht, dass das Kind des Lernens wegen lernt, sondern es lernt nur, um eine Belohnung zu erhalten. Belohnungen können für Erfolge dennoch zusätzlich eingesetzt werden.

10 Tipps für Eltern

1. Gib deinem Kind Zeit.

Nicht jede*r Schüler*in ist gleich. Vielleicht berichten Eltern von Klassenkameraden*innen, dass ihr Kind schon lange selbstständig lernt. Das heißt aber nicht, dass deine Tochter oder dein Sohn auch schon so weit sein muss. Gib deinem Kind die benötigte Zeit und hilf ihm, mit kleinen Schritten zum autonomen Lernen zu gelangen.

2. Übe mit deinem Kind in kleinen Schritten.

Erwarte nicht sofort, dass dein Kind alleine lernen kann. Setze auf kleine Schritte. Überlasse deinem Kind vielleicht erst einmal ein Fach, für dessen Vor- und Nachbereitung es selbstständig verantwortlich ist. Am besten eignen sich hierfür sogenannte Lernfächer wie beispielsweise Musik, Geschichte oder Religion. Funktioniert dies gut, kannst du schrittweise mehr Verantwortung auf deine Tochter oder deinen Sohn übertragen.

3. Erstelle mit deinem Kind gemeinsam einen Lernplan.

Ein Lernplan hilft, den eigenen Lernfortschritt zu überwachen. Hier sollte eingetragen sein, was bis wann zu erledigen ist. Am besten helfen Pläne für eine ganze Woche, da diese gut überblickt werden können. Um einen Lernplan einzuführen, hilft es aber auch, sich erst einmal einen einzelnen Tag herauszunehmen, für den dann ein Plan erstellt wird. Lass dein Kind irgendwann seinen Lernplan selbst organisieren und erstellen. Dies ist schon ein großer Schritt in Richtung Selbstständigkeit.

4. Überprüfe den Fortschritt deines Kindes regelmäßig.

Gerade am Anfang solltest du den Fortschritt deines Kindes regelmäßig, bestenfalls täglich kontrollieren. Oft können die Lernenden anfangs noch nicht einschätzen, ob sie bei einem Lernstoff Schwierigkeiten haben. Du als Elternteil hast hier dann noch rechtzeitig die Möglichkeit einzugreifen und zu vermeiden, dass Lücken entstehen und die Leistung deines Kindes abfällt.

5. Arbeite mit Belohnungen statt Bestrafungen.

Du kannst dein Kind für das Erreichen eines Wochenziels auch belohnen. Gemeinsame Aktivitäten oder Ausflüge eignen sich hier besonders. Dies steigert die Motivation, an die Aufgaben zu erledigen. Bestrafungen eignen sich nicht als Druckmittel. So wird das eigenständige Lernen nur mit negativen Emotionen verknüpft. Das behindert die Entwicklung der Autonomie.

6. Versuche auf intrinsische Motivation zu bauen.

Natürlich regen Belohnungen dein Kind an, den Lernstoff besser und gewissenhafter zu erledigen. Du solltest deinem Sprössling aber immer auch verdeutlichen, warum das eigenständige Lernen so wichtig ist. Bei Grundschulkindern kann dies das Ziel sein, einmal auf WGymnasium zu wechseln. Bei Schülern*innen in weiterführenden Schulen kann ein Berufswunsch als intrinsische Motivation dienen. Mit intrinsischer Motivation ist der Antrieb von innen heraus gemeint, der Menschen dazu bewegt, ein Ziel zu verfolgen. Sie steht der extrinsischen Motivation, wie beispielsweise der Motivierung durch Belohnungen gegenüber.

7. Rege dein Kind zur Selbstreflexion an.

Selbstreflexion kann schon in kleinen Schritten geschehen. Nach jeder erledigten Aufgabe können Kinder sich selbst bewerten. Sie können angeben, ob ihnen das Erledigen dieser Aufgabe schwer fiel und, ob sie noch Übungsbedarf sehen. Wenn dies schrittweise eingeübt wird, fällt es Kindern irgendwann leichter, ihre Lernprozesse im Gesamten zu überblicken und zu bewerten. Diese Kleinschrittigkeit hilft auch, eine automatische Metakognition einzuüben.

8. Fahre deine Kontrolle schrittweise zurück.

Am Anfang solltest du die Lernaktivitäten deines Kindes noch sehr regelmäßig kontrollieren, um zu vermeiden, dass sich Lücken bilden, die die Lernenden dann nicht mehr aufholen können. Nach und nach kannst du die Kontrolle aber immer weiter zurückfahren. Das heißt, dass du dann nur noch alle drei Tage, einmal pro Woche oder einmal im Monat die Aktivität deines Kindes überprüfst. Achte hierbei auf dein Bauchgefühl, um herauszufinden, wie viel Kontrolle noch nötig ist.

9. Verzichte auf Vorwürfe.

Deinem Kind Vorwürfe zu machen, weshalb es sich nicht mehr angestrengt habe, führt zu nichts. Zeige lieber Wege und Lösungen auf, wie es sein Verhalten und seine Lernaktivitäten verbessern kann. Finde gemeinsam mit deiner Tochter oder deinem Sohn heraus, woran es liegt, dass es seine Aufgaben nicht erledigen konnte und übe Stoff mit deinem Kind zusammen, wenn es Schwierigkeiten hat.

10. Lass dein Kind nicht allein.

Du solltest deinem Kind immer das Gefühl geben, dass du da bist, wenn es Hilfe braucht. Verdeutliche ihm, dass selbstständiges Lernen nicht bedeutet, dass es allein gelassen wird und mit Sorgen und Problemen im Stich gelassen wird. Biete deine Hilfe an, wann immer dein Sohn oder deine Tochter danach fragt und greife ein, sobald du Schwierigkeiten feststellst.

Fazit

Autonomes Lernen zu erlernen ist wichtig und entscheidend für die Zukunft deines Kindes. Der Weg dahin kann mitunter schwierig und holprig werden. Lass dein Kind dabei nicht allein und gib ihm Zeit. Unterstütze so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Dann kann auch bei deinem Kind selbstständiges Lernen möglich sein.

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