SLADE HOUSE von David Mitchell

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Alle neun Jahre öffnen sich die Pforten zum Slade House. In einer Seitenstraße, deren begrenzende Wände man beim Durchqueren gleichzeitig mit ausgestreckten Armen berühren kann, zeigt sich dem aufmerksamen Beobachter eine Eisentür ohne Knauf oder Klinke. Durch diese kann man nur in gebückter Haltung gehen. Wer es sich ausreichend wünscht und seine Hand gegen die Tür legt, wird eingelassen. Das Grundstück, das hinter der kleinen Tür liegt in seinen Ausmaßen alles, was man sich vorstellen kann.

Wer es bis hier hin geschafft hat, gehört zu einer kleinen Zahl an Auserwählten – jedoch nicht “auserwählt” im positiven Sinn. Die Grayer-Zwillinge Norah und Jonah, die das Slade House bewohnen sehen immer gleich frisch und jung aus. Sie heißen ihre Gäste stets willkommen und bieten ihnen ein besonderes Erlebnis in ihrem Zuhause. Dieses entspricht immer den ganz individuellen Erwartungen des jeweiligen Gasts. Dass man je wieder zurück findet in die “normale” Welt ist jedoch ausgeschlossen. Slade House ist eine Sackgasse für jeden Gast, den es in die Fänge der Grayers treibt.

Horror im Slade House: die kleine Schwester der Knochenuhren

Der kurze Roman Slade House entstand ursprünglich als Twitter-Story, und immer noch findet man einige Figuren aus dem Roman mit eigenem Account bei dem Social Media Dienst. Der Roman ist jedoch mehr als eine Zusammenstellung kurzer Texte. Für alle, die wie ich nach Die Knochenuhren mehr wollten von der Welt, in die einen Mitchell entführt hat, bietet Slade House eine Geschichte, die an den Vorgänger-Roman anschließt bzw. teilweise parallel zu ihm läuft.

Denn Jonah und Norah Grayer laden ihre Gäste in ihr Anwesen ein, um sich selbst Unsterblichkeit zu erhalten. In fünf Geschichten, die sich über vierzig Jahre spannen, treiben Norah und Jonah ihr Unwesen. Sie locken “besondere” Menschen – Menschen mit besonderen psychischen Fähigkeiten, in ihre Falle. Dass dies auch den ein oder anderen Charakter aus anderen Mitchell-Romanen auf den Plan ruft, ist nur eine Frage der Zeit.

Anders als alle anderen Mitchell-Romane ist Slade House einfach ein “good read”, ein für Mitchell-Verhältnisse extrem kurzes Büchlein, das einfach eine spannende, teilweise gruselige und oft humorvolle Geschichte erzählt. Als “kleine Schwester” der Knochenuhren erfreut es sicher nicht nur Mitchell-, sondern auch Horror-Fans. Besonders hervorzuheben ist auch die erste Ausgabe des Romans: extrem aufwändig gebunden, mit einem “Eingang” auf dem Titel, als rough cut geschnitten und in einer Schriftart bedruckt, die den Herausgeber veranlasst, noch eine Seite über ihren Ursprung beizufügen, ist Slade House ein echtes Liebhaber-Stück.

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