Unter der Drachenwand (Arno Geiger)

4.1
(23)

Die Drachenwand ist eine Felswand in den nördlichen Alpen in Oberösterreich, direkt am schönen Mondsee gelegen. In dieser malerischen Umgebung des Salzkammerguts spielt der 2018 erschienene Roman Unter der Drachenwand des österreichischen Schriftstellers Arno Geiger. Doch die idyllische Umgebung trügt, denn der Krieg hinterlässt überall seine Spuren und man kann ihm in den entlegensten Dörfern nicht entkommen. Arno Geiger beschreibt eindrucksvoll im intimen Stil von Tagebucheinträgen und Briefen, wie die vielen Einzelschicksale des Romans auf unterschiedliche Weise vom Krieg geprägt werden.


Hörbuchfassung von Unter der Drachenwand kostenlos hören? Schau hier.


Inhalt

Das Buch Unter der Drachenwand handelt zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, genauer gesagt 1944. Der junge Wehrmachtssoldat Veit Kolbe wird in Russland durch Granatensplitter schwer verwundet und zur Genesung zu seinen Eltern nach Wien geschickt. Doch er hält es nicht lange in der Stadt aus. Er beschließt, zu seinem Onkel Johann nach St. Lorenz an den Mondsee zu ziehen, einem kleinen Dorf im oberösterreichischen Salzkammergut. Dort liegt auch die namensgebende, berühmte Felswand, die Drachenwand. Der Onkel hat im Dorf eine Stellung als Postenkommandant inne.

Veit kommt bei der boshaften Quartiersfrau Trude Dohm unter. In der Nähe leben noch weitere Akteure des Romans, unter anderem Robert Raimund Perttes, der nur “der Brasilianer” genannt wird, aber in Wirklichkeit kein Brasilianer ist, sondern lange in Brasilien gelebt hat und von Rio de Janeiro träumt. Veit und Robert, der Brasilianer, freunden sich miteinander an.

Zudem lernt Veit die Lehrerin Margarete “Grete” Bildstein, die mit ihrer Wiener Hauptschulklasse aufs Land geschickt wurde, und Margot aus Darmstadt samt ihrer kleinen Tochter Lilo kennen. Veit trifft zudem das Schulmädchen Annemarie Schaller und freundet sich mit Robert, dem Brasilianer, an. Dieser lässt sich häufig negativ über das Dritte Reich und den Nationalsozialismus aus und wird eines Tages abgeholt und verhaftet. Etwa zur selben Zeit verschwindet Annemarie Schaller spurlos. Veit liest daraufhin die Briefe ihres Liebhabers Kurt Ritler, einem Cousin Annemaries.

Zwischen Veit und Margot entwickelt sich eine romantische Beziehung. Margots Mann ist in den Krieg gezogen, während sie mit dem gemeinsamen Kind zurückbleiben musste. Die Beziehung der beiden wird immer enger, bis Veit wieder an die Front berufen wird. Er schafft es, dass der Antrag abgelehnt wird. Auch der Brasilianer kehrt aus dem Gefängnis wieder zurück. Er wird nun allerdings überwacht und Veits Onkel Johann feindet ihn regelmäßig an. Kurz darauf wird die Leiche von Annemarie Schaller auf der Drachenwand gefunden.

Die Anfeindungen zwischen Johann und dem Brasilianer werden immer heftiger. Es kommt so weit, dass Johann den Brasilianer erschießen will, weil er gegen die Gesetze des Dritten Reichs verstößt. Veit geht dazwischen und erschießt den Onkel. Allerdings wird der Brasilianer des Mordes verdächtigt und muss untertauchen.

Veit wird schließlich erneut einberufen und kann sich dem Kriegsdienst dieses Mal nicht entziehen. Somit muss er Margot verlassen und kehrt er an die Front zurück.

In den Nachbemerkungen des Romans wird über das weitere Schicksal der Protagonisten berichtet. Unter anderem stellt sich heraus, dass Veit den Krieg überlebte und später Margot heiratete, die sich von ihrem Mann geschieden hat. Mit ihr bekommt er zwei Kinder und 2004 in hohem Alter stirbt.

Figuren

Die wichtigsten Figuren in Unter der Drachenwand sind:

Veit Kolbe, der Protagonist. Der 24-jährige Soldat zieht sich nach einer schweren Verwundung im Krieg an den Mondsee zurück. Hier lernt er unter anderem seine große Liebe Margot kennen, die er später heiratet.

Veit ist ein Anti-Held. Er ist eigentlich ein normaler Zivilist, der studieren wollte, aber nun unglücklicherweise für feldtauglich befunden wurde und in den Krieg muss. Zu Beginn des Romans ist er sehr erschöpft und beschädigt, sowohl geistig als auch körperlich. Am Mondsee kommt er wieder etwas zu sich. Er fängt auch an zu schreiben, was ihm zusätzliche Stabilität gibt.

Robert Raimund Perttes, genannt der Brasilianer. Robert ist der Bruder der böswilligen Quartiersfrau Trude Dohm, bei der Veit unterkommt. Er hat einige Jahre in Brasilien gelebt und träumt von Rio de Janeiro, da er es ihm schwerfällt, unter Menschen zu leben, die denken, dass sie von Haus aus etwas Besseres sind. Diese Einstellung bringt ihn ins Zuchthaus, wo er sechs Monate bleiben muss. Nach dem vermeintlichen Mord an Johann muss er untertauchen.

Margot aus Darmstadt. Sie ist die Mutter von Lilo und mit dem Linzer Soldaten Ludwig verheiratet. Sie bereut jedoch ihre Ehe, da sie weiß, dass Ludwig nicht der Richtige ist. Sie fängt eine romantische Beziehung mit Veit an. Sie ist sehr offen und erzählt Veit beispielsweise ungeniert von ihren Vorlieben im Bett. In den Nachbemerkungen erfahren die Leser*innen, dass Margot und Veit 1946 heiraten und zusammen zwei Kinder bekommen.

Themen

Das zentrale Thema in Unter der Drachenwand ist das Leben und Überleben während des Zweiten Weltkriegs. Es geht vor allem um eine vielschichtige Darstellung der damaligen Zeit. Dies schafft Geiger, indem er seine Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Egal ob in der Liebe (Veit zu Margit), in der Freundschaft (Veit zu Robert, dem Brasilianer) oder zur Familie (Robert zu seiner Schwester und Veit zum Onkel), keine menschliche Interaktion bleibt vom Krieg unberührt. Selbst in einem entlegenen Dorf in Oberösterreich wird so gut wie jeder Mensch durch den Krieg unwiderruflich geprägt und geschädigt. Unter der Drachenwand kann daher auch als Antikriegsroman gelesen werden.

Ein weiteres Thema, das mit dem zentralen Thema verknüpft ist, ist die Liebe in der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Margot hat Ludwig vor dem Krieg geheiratet. Dann trifft sie Veit, in den sie sich verliebt. Dieser muss aber an die Front zurückkehren. Er versucht jedoch so gut wie möglich für Margot und Lilo vorzusorgen und besorgt ihnen beispielsweise eine Wohnung. Am Ende geht es für die beiden gut aus. Für viele Paare jedoch war der Zweite Weltkrieg mit Verlust und persönlichem Niedergang verbunden.

Zuletzt spielt Unter der Drachenwand mit dem Motiv der (indirekten) Aufarbeitung der Zeit des Dritten Reiches. Das Lesen und Studieren erhaltener Korrespondenz aus dieser Zeit dient zum einen als Inspirationsquelle für das Buch, zum anderen ist es die verwendete Erzählstruktur im Roman. In einer teilweise aus individueller Perspektive kaum aufgearbeiteten Vergangenheit ist die Beschäftigung mit Briefen und Tagebüchern heutzutage oft ein Hauptmittel von Nachfahren, eine Inneneinsicht über das Dritte Reich zu erlangen und die Wirkung dieser dunklen Zeit auf die Einzelschicksale zu untersuchen. Das literarische Mittel spiegelt hier eine Realität der Beschäftigung mit dem Dritten Reich – das Studieren von Briefen.

Analyse der literarischen Erzählperspektive

Arno Geiger nutzt mit dem Stil von Tagebucheinträgen und Briefen einen literarischen Stil, der die Gedankengänge und Stimmungen der Romanfiguren sehr nah und detailliert beschreibt. Dieser Stil ermöglicht es Geiger, eine intime Ich-Perspektive zu seinen Akteuren aufzubauen. Damit kann Geiger eine verstärkte ‘Innenperspektive’ aufbauen, in der die Leser gleichsam in die Akteure ‘eintauchen’ können. Der erzählerische Stil entspricht daher auch dem Fokus Geigers auf das Erleben des Krieges und der Kriegszeit aus der persönlichen Sicht der Einzelschicksale im Roman.

Diese Form der Erzählung aus Briefen nennt man literaturwissenschaftlich “Briefroman”. Gemeint ist hier ein Roman, der aus (zumeist) fiktiven persönlichen Schriftstücken besteht. Alle Briefe in ihrer Gesamtheit ergeben die Romanhandlung. Auch Tagebucheinträge oder andere persönliche Schriftstücke außerhalb der Definition eines Briefes lassen sich dieser Literatursparte zuweisen. Bekannteste Beispiele der Literaturgattung Briefroman sind

  • Die Leiden des jungen Werther (Johann Wolfgang von Goethe)
  • Hyperion (Friedrich Hölderlin)
  • Gefährliche Liebschaften (Choderlos de Laclos)
  • Frankenstein (Mary Shelley)

Arno Geiger hat die Erzählform des Briefromans nicht zufällig gewählt. Lese weiter, um zu erfahren, woher die Inspiration für den Roman stammt und was Geiger mit dieser Erzählform dem Leser aufzeigt.


Hier kannst du den Originaltext als Taschenbuch, gebundenes Buch oder eBook kaufen:

Die deutsche Hörbuchfassung kannst du dir sogar kostenlos sichern! Schau hier.


Kritik und Rezensionen

Unter der Drachenwand ist 2018 erschienen. Das Buch ging bei Erscheinungszeitpunkt durch alle bedeutenden Feuilletonteile der großen Zeitungen. Die Rezensionen waren durchweg positiv.

Arno Geiger gewann mit dem Roman den Friedrich-Schiedel-Literaturpreis sowie den Literaturpreis der Stadt Bremen sowie den Europäischen Literaturpreis der Niederlande.

Unter der Drachenwand wurde auch 2018 für den Deutschen Buchpreis nominiert (Longlist), konnte sich jedoch nicht für die Vorentscheidungsrunde (Shortlist) des Preises durchsetzen.

Was garantiert kaum jemand weiß

Die Idee zum Roman erhielt Arno Geiger durch einen Zufallsfund von Briefen und schriftlichen Erinnerungsstücken von Kindern und Jugendlichen aus dem Kinderlager Schwarz-Indien in St. Lorenz am Mondsee.

Die sogenannte Kinderlandverschickung (KLV) zur Zeit des zweiten Weltkrieges umfasste vor allem die Evakuierung von Kindern und Jugendlichen aus kriegsgefährdeten Gebieten. Dies betraf vor allem die bombardierten Großstädte. Ein solches KLV-Lager bestand auch im kleinen Ort Schwarz-Indien in St- Lorenz in Österreich, direkt am Mondsee, wo auch der Roman spielt. Viele der evakuierten Kinder und Jugendlichen haben Briefe und Postkarten geschrieben, die teilweise noch heute in den Archiven der Städte und Kommunen einsehbar sind.

Nach eigenem Bekunden (in einem Interview) hat Arno Geiger keine Geschichtsbücher zur Recherche für seinen Weltkriegsroman gelesen – Er hat stattdessen in der umfangreichen Sammlung von Schriftstücken der Kinder des besagten KLV-Lagers Schwarz-Indien am Mondsee recherchiert. Diese Briefe, Tagebücher, Gedichte und Postkarten sind Geigers Inspirationsquelle für den Roman Unter der Drachenwand. Aus den vielen Schicksalen versucht der Autor die Essenz dieser bedrückenden Zeit zu erfassen und mit fiktiven Mitteln in seinen Roman einzuweben. Aus diesem Blickwinkel scheint auch die Wahl folgerichtig, als Erzählperspektive den Stil aus Tagebüchern und Briefen zu imitieren. Schließlich ergibt sich so ein authentischer Zugang zu den Einzelschicksalen und ihrem Erleben. Durch das Lesen der Briefe und Tagebücher entsteht beim Leser eine Intimität, die dem Empfinden nicht unähnlich ist, das man selbst hätte, wenn man irgendwo auf dem Speicher oder in einem Archiv auf diese Art Schriftstücke stoßen würde.

Ein weiterer, oft übersehener (weil sehr indirekter) Aspekt im Roman ist die fehlende Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in Deutschland, aber gerade auch in Österreich selbst. Man darf bei der Rezeption eines relativ aktuellen Romans zum Dritten Reich eine Tatsache nicht vergessen: Die meisten Deutschen haben innerfamiliär die Schicksale aus der Zeit des Dritten Reiches nur unzureichend, oft sogar überhaupt nicht besprochen. Dies gilt für die öffentliche Aufarbeitung nach 1945 zum Teil gleichermaßen, wo neue Konflikte zwischen den Alliierten einer sorgfältigen Aufarbeitung und selbst einer gründlichen Entnazifizierung in Deutschland und Österreich entgegenstanden. Gleichzeitig werden die Zeitzeugen auch immer weniger: Über 75 Jahre sind inzwischen seit dem Kriegsende 1945 vergangen. Ein Zeitzeuge, der Mitte/Ende der zwanziger Jahre geboren wurde und in die dunkelsten Jahre des Nationalsozialismus als junger Mensch zumindest etwas bewusst erleben konnte, wäre heute nahe oder über Hundert Jahre – Jahrzehnte über seiner statistischen Lebenserwartung, die anhand von Sterbetafeln sehr genau berechnet werden kann. Als Beispiel für die Einordnung: Ein Mensch, der heute in Deutschland geborden wird, hat eine durchschnittliche Lebenserwartung von etwas über 80 Jahren (Männer) bzw. etwa 84 Jahre (Frauen). Die durchschnittliche Lebenserwartung der in den 20ern und 30ern geborenen Deutschen war (selbst kriegsbereinigt, um den Effekt der Sterbewahrscheinlichkeit im Krieg herauszurechnen) um die 60 Jahre. Entsprechend sind die meisten Zeitzeugen bereits gestorben. Für die heutigen Nachfahren dieser Zeitzeugen besteht vielfach als einzige Chance für ein besseres historisches Verständnis, die aus dieser Zeit überlieferten Briefe, Postkarten, beschrifteten Bilder und ähnliches zu studieren.

Private Schriftstücke schlummern immer noch vielfach in den Dachböden der Nachkommen oder in den kommunalen Archivkellern und warten darauf, entdeckt zu werden. Arno Geiger hat diesen Umstand für Inspiration und Recherche zu Unter der Drachenwand genutzt und in diesem Zusammenhang die naheliegendste Erzählstruktur gewählt, den Briefroman. Das literarische Konzept, einen Roman aus schriftlichen Versatzstücken aufzubauen, kommt somit der ‘wirklichen’ Beschäftigungsform einer Aufarbeitung sehr nahe. Auch ein Historiker kennt das Durchforsten von Archiven und Studieren privater Schriftensammlungen als notwendige Arbeit, da die Aufarbeitung einer Zeitepoche vielfach nur ohne Gespräche mit Zeitzeugen möglich ist. Private Schriftstücke wie Briefe und Tagebücher werden so zu der intimsten Form einer Beschäftigung mit dem dritten Reich. Mit dem gewählten Erzählformat des Briefromans spiegelt Arno Geiger diese Beschäftigungsarbeit – Der Roman-Leser wird zum Historiker, der die Archive durchforstet.

Der Briefroman im Wandel – Vom romatischen Instrument zum Antikriegsroman

Warum hat Arno Geiger für seinen Roman eigentlich das Erzählungsformat Brief gewählt? Schließlich war in der literarischen Romatik ab dem 18. Jahrhundert der deutsche Briefroman vor allem ein Instrument für die sensible Inneneinsicht in die Gefühlswelt verzweifelt Liebender (z.B. Die Leiden des jungen Werther von Johann Wolfgang von Goethe) oder in die schwärmerische Begeisterung für die Natur (z.B. Hyperion von Friedrich Hölderlin).

Während der Zeit des ersten Weltkriegs zwischen 1914-1918 und vor allem danach änderten sich die Themen der ‘Inneneinsicht’ im Briefroman: Der erste Weltkrieg ist vielfach zerfahren, verbunkert und unbeweglich wie keine kriegerische Auseinandersetzung vorher. Und erstmalig so industriell, mechanisiert und zerstörerisch wie ebenfalls nie zuvor ein Krieg. Ein zäher Stellungskrieg ohne Landgewinne der Kriegsparteien. Soldaten schreiben in dieser zermürbenden Situation Briefe von der Front nach Hause. Die breit gelebte Feldpostkultur im ersten Weltkrieg erfindet so eine seltsame Form eines privatisierten Briefromans, gespickt mit persönlichen Erlebnissen aus dem Krieg. Und die Feldpost funktioniert als Transportdienst hervorragend. Viele der oft zu hunderten oder gar zu tausenden vorliegenden Briefe finden so mitten im Krieg ihren seltsam gesicherten Weg in die Familien. Viele der Briefe werden noch Jahre später als Roman zusammengefasst und veröffentlicht. Nicht selten lässt sich auch eine breite Leserschaft für die Tagebücher der Soldaten finden, die die Überlebenden mit nach Hause bringen.

Eher selten mündet das Kriegserleben in eine antimilitaristische Haltung wie im Fall von Erich-Maria Remarque. Eher öfter entzündet es eine jugendlich anmutende Kriegsbegeisterung, wie sie z.B. bei Ernst Jünger sichtbar wird. Entsprechend gehen die Feldpostromane dieser Zeit weniger kritisch mit dem Krieg um. Viele lassen sich dafür begeistern, Ideale durch Kriegsgewalt umzusetzen. Diese Art, über Krieg zu denken, prägt die Zeit der Weimarer Republik entscheidend mit. Die Kriegsbegeisterung wird salonfähig. Irgendwann ist sie auch ein gelebtes Erkennungszeichen für den Patriotismus. Der patriotische Briefroman der Weimarer Republik ist somit einer von vielen unglücklichen Wegbereitern in eine unsichere Zukunft. 1933 kommen die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht und führen die Welt in den zweiten Weltkrieg.

Auch in der Zeit von 1933 – 1945 werden massenhaft Briefe geschrieben und Postkarten ausgiebig beschriftet. Statt der Stellungskriege gibt es nun Bewegungskriege, sie sind noch vernichtender, aber der Briefverkehr als Nabelschnur in die Heimat bleibt erhalten. Nach 1945 und nach den Schreckensjahren des Nationalsozialismus ist die Lage jedoch anders als nach 1918. Persönliche Schriftstücke sind der Beweis einer Involvierung in die Nazi-Zeit. Vielfach werden sie weggelegt, versteckt, gar vernichtet. Durch die ausgebliebene private wie öffentliche Aufarbeitung werden die Schriftstücke für die Nachfahren plötzlich das Hauptformat, um die Inneneinsicht zu verstehen. Heute, über 75 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs ist der Briefroman daher für deutsche Schriftsteller ein sehr passendes Erzählformat für eine Geschichte, die zu dieser Zeit spielt.

In diesem Sinne wählt Arno Geiger mit dem Briefroman das bestmögliche Erzählformat für sein Thema. Die Einzelschicksale in seinem Roman werden dadurch dem dem Leser direkter und zugänglicher präsentiert, als es mit einer anderen Erzählstruktur möglich wäre.

Ist Unter der Drachenwand ein Antikriegsroman?

Geigers Roman Unter der Drachenwand bezieht seine Inspiration aus dem Zufallsfund von Schriftstücken aus der Zeit des zweiten Weltkriegs. Es sind aber keine Briefe von Soldaten, sondern Briefe von Kindern und Jugendlichen. Der Krieg hat sie von ihren Familien getrennt. Die Kinderlandverschickung hat sie aus ihren Heimatorten verbannt. Es ist davon auszugehen, dass es verzweifelte Briefe sind, die Geiger studiert hat. Briefe, in denen Ängste verarbeitet werden. Aber auch Hoffnungen für eine bessere Zukunft ausgesprochen werden. Geiger nutzt die Briefe und die Stimmung darin, um den richtigen Ton in seinem Antikriegsroman zu finden. In Unter der Drachenwand ist der Krieg daher implizit schon durch die Inspirationsquelle eingebettet.

Das der Roman mitten im unberührten Salzkammergut spielt und eben nicht an den Fronten des zweiten Weltkriegs, macht ihn als Antikriegsroman nur noch stärker. In Unter der Drachenwand wird eindrucksvoll aufgezeigt, dass es kein ‘Entkommen’ vor dem Krieg gibt. Der Krieg wird zum gesellschaftlichen Ereignis – selbst Kinder oder ältere Menschen werden zu Teilnehmern, ob sie wollen, oder nicht.

Geiger zeigt auf, dass der Krieg überall, nicht nur direkt an der Kriegsfront, erlebt, erfahren und erleidet wird. Mal ist der Krieg ganz direkt erlebbar, als Verursacher von Tod und physischer Verletzung (wie bei Veit), mal schleicht er sich ganz indirekt in das Leben, indem er seinen Hass oder seine gefühlte Ausweglosigkeit in die Psyche der Protagonisten bringt. Das Unter der Drachenwand in Briefform erzählt wird, macht diesen Umstand noch intimer und für den Leser direkter erlebbar.

Unter der Drachenwand ist somit ein Roman in der Tradition klassischer deutscher Antikriegsromane wie z.B. Im Westen nichts Neues von Erich Maria Remarque.

Zum Schriftsteller Arno Geiger

Arno Geiger wurde am 22. Juli 1968 in Bregenz im österreichischen Vorarlberg geboren. Er studierte Deutsche Philologie, Alte Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft erst in Innsbruck und später in Wien.

Arno Geiger wurde vor allem durch den Roman Es geht uns gut bekannt, mit dem er 2005 der erste Preisträger des damals neuen Deutschen Buchpreises wurde.

Sein Romandebüt heißt Kleine Schule des Karussellfahrens und erschien 1997. Nach dem Erfolgsroman Unter der Drachenwand erschien 2019 das aktuelle Werk Der Hahnenschrei.

Geiger ist verheiratet und lebt seit 1993 als freier Schriftsteller in Wien und Wolfurt/Vorarlberg.

Informationen zum Buch

Der Roman Unter der Drachenwand wurde von Arno Geiger geschrieben und erschien 2018 im Carl Hanser Verlag. Die Taschenbuchausgabe wird bei dtv verlegt.

Im selben Jahr erschien der Roman auch als Hörbuchfassung bei Hörbuch Hamburg. Das Hörbuch lesen Torben Kessler, Michael Quast, Cornelia Niemann und Torsten Flassig. Die Laufzeit beträgt über 14 Stunden.


Hier kannst du den Originaltext als Taschenbuch, gebundenes Buch, eBook oder Hörbuch kaufen:

Der Roman ist auch bei Audible als Hörbuch erhältlich:

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.

Inhalt laden

Kostenloses Hörbuch Unter der Drachenwand

Bei Audible gibt es das Hörbuch zu Arno Geigers Roman umsonst. Unter folgendem Link erhältst du einen kostenlosen Probemonat (30 Tage gratis) und ein Hörbuch gratis. Amazon Prime-Mitglieder erhalten 60 Tage Probe sowie zwei Hörbücher gratis.

Link: Kostenloses Audible-Hörbuch.

Nach der Anmeldung kannst du dir die deutsche Hörbuchfassung zu Unter der Drachenwand umsonst sichern. Das eigentliche Audible-Abo fängt erst nach Ablauf der Probezeit an, wenn du es nicht vorher kündigst. Du kannst aber jederzeit – auch in der Probephase – ohne Mindestlaufzeit oder Kündigungsfrist einfach per Klick in Web oder in der App online kündigen.

Beachte, dass Unter der Drachenwand auch dann weiterhin in deinem Besitz bleibt, wenn du Audible innerhalb des Probemonats kündigst. Das gilt auch für alle weiteren Hörbücher, die zu dem Zeitpunkt in deiner Bibliothek sind.

Letzter Tipp: Das Hörbuch kannst du auch mit der Audible-App über Tablet oder Smartphone anhören. Das geht auch offline ohne Internet-Verbindung. So kannst du z.B. auf dem Schulweg oder im öffentlichen Nahverkehr den Roman hören.

[mwai_chatbot_v2 id=”default”]

Weiterführende Literatur

Hier findest du empfehlenswerte Sekundärliteratur zu Unter der Drachenwand:

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.

Inhalt laden

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.

Inhalt laden

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.

Inhalt laden

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.

Inhalt laden

 

 

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 4.1 / 5. Anzahl Bewertungen: 23

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Teile diesen Beitrag!