Günter Grass

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Günter Grass war ein deutscher Schriftsteller, der zudem als Bildhauer, Maler und Grafiker gearbeitet hat. Er lebte von 1927 bis 2015. Sein Buch Die Blechtrommel erreichte 1959 internationale Anerkennung. 1999 erhielt Grass den Nobelpreis für Literatur – die größte Auszeichnung, die ein Schriftsteller bekommen kann. Sein Antrieb zum Schreiben war vor allem, sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinanderzusetzen. In vielen seiner Bücher geht es um dieses Thema. Oft hat Günter Grass seine hohe Bekanntheit genutzt, um das Tagesgeschehen öffentlich zu kommentieren. Er galt als streitbarer Intellektueller und löste mehrfach Kontroversen aus.

Leben

Günter Grass wurde am 16. Oktober 1927 in Danzig-Langfuhr geboren. Er wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Sein Vater war ein protestantischer Lebensmittelhändler, seine Mutter eine Katholikin kaschubischer Abstammung. 1942 meldete er sich mit 15 Jahren freiwillig zur Wehrmacht. Im Alter von 17 Jahren wurde er dann – kurz vor Ende des zweiten Weltkriegs – zur 10. Panzer-Division Frundsberg der Waffen-SS einberufen. Am 20. April 1945 geriet er schließlich in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach einem knappen Jahr kam er frei.

Nach Kriegsende absolvierte Günter Grass erst ein Praktikum als Steinmetz, bevor er zwischen 1948 und 1952 Grafik und Bildhauerei in Düsseldorf studierte. Zu dieser Zeit verdiente er seinen Lebensunterhalt als Türsteher. Von 1953 bis 1956 setzte er sein Studium dann in Berlin fort. 1954 heiratete Grass die Schweizerin Anna Margareta Schwarz. Gemeinsam bekam das Paar vier Kinder. Von 1956 bis 1960 lebten die beiden in Frankreich und in der Schweiz, wo auch Günter Grass’ berühmtestes Werk, Die Blechtrommel, entstand – das Buch verhalf dem Schriftsteller damals zu seinem Durchbruch. 1972 trennten sich Günter und Anna Grass. Bis zu seiner zweiten Ehe mit der Organistin Ute Grunert im Jahr 1979 zeugte Grass zwei uneheliche Kinder. Seine insgesamt sechs leiblichen Kinder sowie die zwei Kinder, die Grunert mit in die Ehe brachte, lässt Grass in seinem Roman Die Box als “seine acht Kinder” auftreten.




Über viele Jahre unterstützte Grass die SPD. Er engagierte sich in den Wahlkämpfen und schrieb Reden für den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt, mit dem er eine enge Freundschaft pflegte. Er war auch darüber hinaus politisch aktiv, engagierte sich zugunsten von Sinti und Roma und trat gegen Atomkraft ein. Günter Grass galt als streitbarer Intellektueller des Landes, der sich immer wieder zu aktuellen Themen äußerte. Mit seinem Prosagedicht Was gesagt werden muss, in dem er Israel vorwirft, mit seinen Kernwaffen den Weltfrieden zu gefährden, löste er 2002 eine kontroverse Diskussion aus. Grass übte bedeutende Rollen in mehreren Schriftstellerverbänden aus.

Bis zu seinem Tod lebte er in Behlendorf im Kreis Herzogtum Lauenburg nahe Lübeck. Günter Grass starb am 13. April 2015 an den Folgen einer Infektion.

Themen

Im Mittelpunkt der Werke Grass’ steht die Aufarbeitung des Zweiten Weltkriegs im Allgemeinen und des Nationalsozialismus im Speziellen.

Themen sind etwa die Schuld des Volks und das Vergessen der Verbrechen. Auch der Verlust seiner Heimat Danzig findet sich in vielen Werken wieder.

Bemerkenswert ist, dass Grass immer wieder Aspekte aus seinem Leben in seine Texte eingebaut hat. Und auch die Veränderung seiner politischen Ansichten – von der Begeisterung für den Nationalsozialismus hin zur Liebe für die Demokratie – spiegelt sich in seinem Gesamtwerk wider.

Erst 2006 machte er bekannt, mit 17 Jahren der Waffen-SS angehört zu haben, was eine umfassende Debatte im Land nach sich zog, die sich um die moralische Instanz Grass’ im Nachkriegsdeutschland drehte.

Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, vermutete damals, das allzu späte Geständnis kurz vor Veröffentlichung des neuen Buchs sei eine PR-Maßnahme. Nach eigenen Angaben war Grass allerdings nie an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen.

Werke

Das Gesamtwerk Günter Grass’ wird als bedeutsamer Bestandteil der deutschen Literatur angesehen. Seine Romane erlangten weltweite Beachtung. Dabei gilt sein Buch Die Blechtrommel als Maßstab aller Folgeromane.




In Die Blechtrommel (1959) beschäftigt sich Grass als erster deutscher Schriftsteller überhaupt mit dem Zweiten Weltkrieg. Er tat dies in einer einzigartigen Weise, nämlich aus der Perspektive eines Kindes. Das Buch wurde 1979 von Volker Schlöndorff verfilmt. Gemeinsam mit den Büchern Katz und Maus (1961) und Hundejahre (1963) bildet Die Blechtrommel die sogenannte Danziger Trilogie. Der Name rührt daher, dass alle drei Werke in der Stadt Danzig spielen – und zwar unmittelbar vor, während und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Erst 2002 setzte er die Trilogie mit Im Krebsgang fort. Auch einige bekannte Figuren treten erneut auf. Die Erzählung Unkenrufe (1992) zeigt Grass’ intensive Bemühungen um Versöhnung der Deutschen mit den östlichen Nachbarn auf.

Grass’ Schreibstil ist von vielen Kritikern als obszön und teils blasphemisch, also gotteslästernd, bezeichnet worden. Zugleich ist anerkannt worden, dass Grass den Zeitgeist in den dargestellten Epochen passend wiedergegeben habe.

Auszeichnungen

Im Jahr 1999 erhielt Günter Grass den Nobelpreis für Literatur, den bedeutendsten Preis, den ein Schriftsteller bekommen kann. Die Begründung der Jury: Grass habe “in munterschwarzen Fabeln das vergessene Gesicht der Geschichte gezeichnet”. Diese Auszeichnung krönte sein Gesamtwerk. Doch er hat viele weitere Preise erhalten – etwa den Förderpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft (1958), den Georg-Büchner-Preis (1965), die Hermann-Kesten-Medaille (1995) oder den Prinz-von-Azuren-Preis für Geisteswissenschaften und Literatur.

Den Internationalen Brückenpreis lehnte er 2006 ab, weil einige Politiker die Entscheidung der Jury infrage gestellt hatten. In den 1970er Jahren lehnte Günter Grass außerdem das Bundesverdienstkreuz ab – angeblich, weil auch viele ehemalige Nationalsozialisten mit dem Kreuz geehrt worden seien.

Bildnachweis: Von Blaues Sofa from Berlin, Deutschland – Günter Grass im Gespräch mit Wolfgang HerlesUploaded by Magiers, CC BY 2.0, Link

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