Frühling der Barbaren von Jonas Lüscher

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Die Novelle Frühling der Barbaren ist das Debüt des Schweizer Schriftstellers Jonas Lüscher und erschien 2013. Lüscher wurde dafür noch im selben Jahr unter anderem mit dem Franz-Hessel-Preis ausgezeichnet, drei Jahre später erhielt er den Hans-Fallada-Preis.

Der Inhalt

Die Hauptfigur in Frühling der Barabaren ist Preising, ein wohlhabender Schweizer Firmenerbe. Preising erzählt dem Ich-Erzähler die Geschichte, während sie gemeinsam einen Spaziergang durch den Garten der Psychiatrie machen, in der sie behandelt werden.

Preising ist Erbe einer Firma, deren Hauptaufgabe es ist, Schaltteile für Funkantennen herzustellen. Da er wenig am Geschäftlichen interessiert ist, hat er die administrativen Aufgaben dem jungen, aus Bosnien stammenden Techniker Prodavonic überlassen und dient der Firma nur dazu, dass das Image des Familienunternehmens aufrecht erhalten wird.

Preising begibt sich auf eine Geschäftsreise nach Tunesien. Dort trifft er als erstes Slim Malouch. Dieser besitzt eine Fabrik, in der Preisings Firma Schaltteile produzieren lässt. Preising verschweigt ihm, dass er ein Jahr zuvor bereits in Tunesien gewesen ist, um mit Malouchs Konkurrenten Moncef Daghfous über ein besseres Angebot zu sprechen. Bevor es jedoch zum Vertragsschluss kam, ist Daghfous bei einer Explosion einer seiner Fabriken gestorben.

Slim Malouchs Tochter Saida führt das Hotel Thousand and One Night Resort, in dem Preising untergebracht ist. In dem Resort trifft Preising auf eine Gruppe britischer Banker, die für eine Hochzeit angereist sind. Preising freundet sich rasch mit der Mutter des Bräutigams an, Pippa, die ebenso wie Preising die Hochzeit als dekadent betrachtet. Zudem teilen sie das Interesse für Kunst und Literatur.

Am nächsten Tag trifft Preising auch Pippas Mann, Sanford. Zwischen der Familie des Bräutigams und der der Braut gibt es ein starkes finanzielles Gefälle.

Die Hochzeitsfeier beginnt. Ein Kamel, auf dem die Braut reitet, wird hereingeführt, was die Dekadenz der Hochzeit hervorhebt. Es wird ausgiebig und teuer gefeiert. In dieser Nacht jedoch kommt es zum Wendepunkt.

Der britische Staatsminister erklärt den Staatsbankrott, die Börse bricht ein und der Pfund Sterling stürzt ab. Saida erfährt davon und geht davon aus, dass ihre Gäste nicht nur den Großteil ihres Vermögens, sondern auch ihren Arbeitsplatz verloren haben. Sie versucht daraufhin, Geld von den Kreditkarten ihrer Gäste zu ziehen, verweigert ihnen jeglichen Service und bittet sie, noch am selben Tag das Resort zu verlassen. Als die Gäste also aufwachen und die Nachricht bekommen, bricht Verzweiflung aus.

Die Situation eskaliert. Die Gäste schlachten sogar das Kamel, auf dem die Braut am Tag zuvor geritten ist, um daraus ein Gericht aus einer Erzählung Preisings nachzukochen. Dafür schlachten sie ebenfalls eine Hündin und ihre vier Welpen. Das Feuer, auf dem das Kamel gekocht werden sollte, gerät außer Kontrolle und bald steht das ganze Hotel in Flammen. Saida, ihr Fahrer und Preising entkommen der Situation in einem Auto.

In Tunis besuchen sie schließlich die Fabriken, in denen die Schaltungen für Preisings Firma hergestellt werden. Preising muss dort allerdings feststellen, dass in der Firma Kinder arbeiten, hauptsächlich Flüchtlinge aus dem Südsudan. Malouch allerdings hatte das Gehalt für vollausgebildete Erwachsene verlangt. Saida und Preising werden festgenommen, Preising in die Schweizer Botschaft gebracht und ausgeflogen.

Der Ich-Erzähler, der namenlos bleibt, wird in der Psychiatrie wegen einer Depression behandelt. Bei Preising ist sich die behandelnde Ärztin mit der Diagnose nicht sicher.

Die Hauptfigur

Die wichtigste Figur in Frühling der Barbaren ist Preising, der reiche Schweizer Fabrikerbe. Er erzählt die Geschichte, ist aber trotzdem eher ein Zuschauer als ein Akteur. Er ist ein schwacher Charakter mit wenig Sinn fürs Geschäft und überlässt unter anderem deswegen dem Techniker Prodavonic die geschäftlichen Aufgaben in der Firma. Er ist blind für die Arbeitsbedingungen und die Kinderarbeit in Tunesien, bis er sie mit eigenen Augen sieht.

Er interessiert sich sehr für Kunst und Literatur und verwendet häufig Wörter, die außer ihm keiner versteht.

Das Thema

Das wichtigste in Frühling der Barbaren aufgegriffene Thema ist die kritische Betrachtung des Reichtums der Banker, die sich durch Spekulationen bereichert haben. Die Dekadenz dieser Gruppe spiegelt sich in der Hochzeit wider, bei der Geld keine Rolle spielt. Das Brautpaar stellt hierzu einen Kontrast dar, denn Kelly stammt aus einer reichen Bankersfamilie, Marcs Eltern kommen aus der Mittelschicht. Ebenfalls kontrastreich ist es zwischen den Hochzeitsgästen und den armen tunesischen Angestellten des Hotels.

Dieser Reichtum, der die Banker und viele Gäste zur gehobenen Schicht macht, wird mit dem Börsencrash rasch vernichtet, die Betroffenen wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen und die Situation eskaliert. Dadurch werden sie zu Barbaren – daher auch der Titel Frühling der Barbaren.

Das Buch

Die Novelle Frühling der Barbaren ist das erste Buch des Schweizer Schriftstellers Jonas Lüscher. Es erschien 2013 im Beck Verlag München.

Lüscher bekam dafür noch 2013 den Franz-Hessel-Preis, die Literarische Auszeichnung des Kantons Bern und den Bayerischer Kunstförderpreis und 2016 den Hans-Fallada-Preis. Zudem wurde die Novelle für den Deutschen und den Schweizer Buchpreis nominiert.

Der Autor

Jonas Lüscher wurde am 22. Oktober 1976 in Zürich geboren.

Er wuchs in Bern auf, nach der Schule ließ er sich zum Primarlehrer ausbilden und arbeitete einige Jahre als Dramaturg und Stoffentwickler in der Filmwirtschaft in München.

Ab 2005 studierte er an der Hochschule für Philosophie München, welche er 2009 mit dem Erhalt des Magistertitels abschloss. Nach dem Studium arbeitete er am Institut TTN (Technik-Theologie-Naturwissenschaften) an der Ludwig-Maximilians-Universität und war nebenbei Ethiklehrer an einer Schule.

2011 wechselte er nach Zürich an die ETH, wo er an einer Dissertation schrieb, die er aber nie abschloss. 2013 erschien sein Buch Frühling der Barbaren, das mit mehrere Preisen ausgezeichnet wurde. Sowohl Frühling der Barbaren als auch sein Werk Kraft waren für den Deutschen Buchpreis nominiert.

Lüscher ist Mitglied im Schrifstellervereinigung PEN-Zentrum Deutschland und seit 2018 ist er auch ein Ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.

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